Unternehmenssanierung in der Praxis

Wenn Unternehmen in finanzielle Schieflage geraten, ist schnelles und überlegtes Handeln gefragt. Ob drohende Zahlungsunfähigkeit oder Kapitalverlust – der Verwaltungsrat trägt die Verantwortung, geeignete Sanierungsmassnahmen einzuleiten. Anhand praxisnaher Beispiele zeigen wir, welche Schritte erforderlich sind, um die finanzielle Stabilität zu sichern und eine Insolvenz zu vermeiden.

1. Beispiel: Drohende Zahlungsunfähigkeit – Rechtzeitig handeln!

Der Praxisfall: Die »Müller & Partner AG» ist ein wachsendes Start-up im Bereich nachhaltiger Verpackungen. Trotz steigender Nachfrage kämpft das Unternehmen mit Liquiditätsengpässen, da Kunden ihre Rechnungen verspätet begleichen, während Lieferanten auf pünktliche Zahlungen bestehen. Gleichzeitig belasten hohe Leasingkosten die finanzielle Situation zusätzlich. Nach mehreren Monaten kann die AG ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nur noch mit Mühe erfüllen.

Gemäss Art. 725 – 725c OR ist der Verwaltungsrat verpflichtet, die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft laufend zu überwachen. Zeichnet sich eine Zahlungsunfähigkeit ab, so muss er gemäss Gesetz umgehend Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit ergreifen. Dazu gehören geeignete Sanierungsschritte oder – falls erforderlich – ein Antrag an die Generalversammlung zur Beschlussfassung über weitergehende Sanierungsmassnahmen. Falls die finanziellen Schwierigkeiten nicht anders behoben werden können, muss der Verwaltungsrat nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung einreichen.

In diesem Fall wurde die Liquiditätsüberwachung vernachlässigt, wodurch das Problem zu spät erkannt wurde. Eine vorausschauende Liquiditätsplanung hätte die Engpässe frühzeitig sichtbar gemacht und ermöglicht, Massnahmen rechtzeitig einzuleiten. Entscheidend ist, dass der Verwaltungsrat mit der gebotenen Eile handelt, um die Zahlungsfähigkeit zu erhalten und eine drohende Insolvenz zu vermeiden.

2. Beispiel: Kapitalverlust und Aufwertung von Immobilien als Sanierungsmassnahme

Der Praxisfall: Die «Suisse Gastro AG», ein etabliertes Unternehmen im Gastronomiebereich, hat nach der Pandemie erhebliche Verluste erlitten. Der Verwaltungsrat stellt fest, dass das Eigenkapital stark gesunken ist und ein Kapitalverlust nach Art. 725 – 725c OR vorliegt. Eine Bilanzanalyse zeigt, dass das Unternehmen über eine Liegenschaft verfügt, die weit unter ihrem Marktwert bilanziert ist.

Gemäss Art. 725 – 725c OR ist der Verwaltungsrat verpflichtet, Massnahmen zur Beseitigung des Kapitalverlusts zu ergreifen. Zeigt die letzte Jahresrechnung, dass die Aktiven abzüglich der Verbindlichkeiten die Hälfte der Summe aus Aktienkapital, nicht an die Aktionäre zurückzahlbarer gesetzlicher Kapitalreserve und gesetzlicher Gewinnreserve nicht mehr decken, muss der Verwaltungsrat unverzüglich handeln. Er kann Sanierungsmassnahmen selbst umsetzen oder – sofern erforderlich – der Generalversammlung geeignete Massnahmen zur Beschlussfassung beantragen. Falls die Gesellschaft keine Revisionsstelle hat, muss die letzte Jahresrechnung vor ihrer Genehmigung durch die Generalversammlung einer eingeschränkten Revision durch einen zugelassenen Revisor unterzogen werden. Eine Ausnahme besteht nur, wenn ein Gesuch um Nachlassstundung eingereicht wird. Sowohl der Verwaltungsrat als auch die Revisionsstelle oder der zugelassene Revisor sind verpflichtet, mit der gebotenen Eile zu handeln.

In diesem Fall bietet die Aufwertung der Immobilie eine wirksame Sanierungsmassnahme. Da die Liegenschaft einen deutlich höheren Marktwert hat als in der Bilanz ausgewiesen, kann eine Neubewertung das Eigenkapital erheblich stärken und so die finanzielle Stabilität des Unternehmens verbessern.

 

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