Das Kreisschreiben Nr. 5a der ESTV vom 1. Februar 2022 ist der «Leitfaden» für steuerneutrale Umstrukturierungen in der Schweiz. Es wurde nach STAF, Unternehmenssteuerreform II und wichtigen BGer-Urteilen komplett überarbeitet und spiegelt die aktuelle Verwaltungspraxis. Die wichtigsten Fallstricke aus diesen rund 170 Seiten auf einen Blick.
1. Der Begriff «Betrieb» ist enger als gedacht
Steuerneutralität setzt meist die Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs voraus. Ein Betrieb ist nur gegeben, wenn
- eine marktorientierte Leistung erbracht wird,
- eigenes oder beauftragtes Personal vorhanden ist und
- der Personalaufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag steht.
Eine reine Immobilien-Holding oder die Vermietung ohne professionelle Bewirtschaftung genügt nicht; selbst grosse Wertschriften-Depots gelten nie als Betrieb.
2. Die fünfjährige Veräusserungssperrfrist
Wer nach einer steuerneutralen Umwandlung, Ausgliederung oder konzerninternen Vermögensübertragung innerhalb von fünf Jahren auch nur einen Anteil verkauft, löst eine (Teil-)Nachbesteuerung der übertragenen stillen Reserven aus. Die Sperrfrist läuft verobjektiviert ab – Motive spielen keine Rolle – und startet erst mit dem HR-Eintrag. Im Falle einer Umwandlung einer Personengesellschaft, geht diese Sperrfrist im Todesfall auf die Erben über.
Achtung: Bei konzerninternen Transfers führt eine Aufgabe der Kontrolle (z. B. Verkauf > 50 %) immer zur vollen Nachbesteuerung. Erfreulich für Praktiker: Spaltungen kennen ausdrücklich keine Sperrfrist.
3. Fiskalische Verknüpfung – international oft unterschätzt
Steuerneutral bleibt eine Umstrukturierung nur, wenn das Besteuerungsrecht der Schweiz an den stillen Reserven erhalten bleibt. Bei grenzüberschreitenden Vorgängen verlangt die ESTV deshalb die objektmässige Ausscheidungsmethode; sonst droht eine sofortige Realisation.
4. Gemischte oder «inaktive» Aktiven
Wer Betriebe mit grossen Liquiditäts- oder Anlagevermögenpaketen ausstattet, riskiert die Qualifikation als missbräuchlich geschaffener Betrieb (allg. Steuerumgehung). Nichtbetriebsnotwendige Aktiven sind zulässig – aber nur, wenn der operative Teil nicht von untergeordneter Bedeutung ist.
5. Kapitaleinlageprinzip richtig umsetzen
Die Werteübernahme in der Eröffnungsbilanz entscheidet, ob übertragene Reserven als KER (steuerfreie Kapitaleinlagereserven) verbucht werden dürfen. Fehlbuchungen gefährden spätere steuerfreie Rückzahlungen und können zusätzlich zur Verrechnungssteuer führen.
6. Goodwill- und Ausgleichszahlungen
Ausgleichszahlungen bei Fusionen oder Ein-/Austritt von Gesellschaftern sind beim Empfänger voll steuerbar; beim Leistenden entstehen lediglich versteuerte stille Reserven bzw. abschreibbarer Goodwill. Fehlende Dokumentation führt schnell zu Diskussionen und verdeckten Gewinnausschüttungen.
7. Mehrwertsteuer – Meldeverfahren nicht vergessen
Übersteigt der Steuerbetrag auf dem Veräusserungspreis CHF 10 000 oder erfolgt die Übertragung an eine «nahestehende Person», ist zwingend das MWST-Meldeverfahren (Formular 764) anzuwenden. Wer es übersieht, haftet für die Steuer, falls die übertragende Partei die Umsatzsteuer nicht bezahlt und riskiert Verzugszinsen und Bussen.
Fazit: KS 5a bietet klare Spielregeln – doch die Praxis scheitert häufig an Details wie dem echten Betriebserfordernis, der verobjektivierten Sperrfrist oder der korrekten KER-Zuordnung. Sorgfältige Planung, saubere Dokumentation und ein frühzeitiger Check der internationalen Steuerfolgen sind die beste Versicherung gegen unliebsame Nachsteuerverfahren.