Praxisbeispiel Umstrukturierung – Übertragung eines Betriebes einer Einzelunternehmung auf eine juristische Person

Gemäss KMU-Portal des Bundes ist die Einzelunternehmung mit rund 326‘205 Firmen die in der Schweiz am häufigsten gewählte Rechtsform. In vielen Fällen, insbesondere wenn eine Nachfolgeregelung ansteht, kann eine Übertragung des Betriebes auf eine Kapitalgesellschaft (AG oder GmbH) Sinn machen. Das nachfolgende Fallbeispiel zeigt die wichtigsten Aspekte dazu aus Sicht der Einkommens- und Gewinnsteuern auf.

Ausgangslage

Herr Huber führt seit über 20 Jahren erfolgreich einen Schlossereibetrieb in der Rechtsform einer Einzelunternehmung. Er beschäftigt insgesamt 5 Mitarbeitende. Der Schlossereibetrieb wird in der Betriebsliegenschaft von Herrn Huber (Geschäftsvermögen) ausgeführt.

Da Herr Huber sich mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzt, überlegt er sich, die Schlosserei-Tätigkeit zukünftig über eine AG (nachfolgend Schlosserei AG) weiterzuführen. Die Schlosserei AG soll ein Aktienkapital von CHF 100'000 haben.

Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung des Betriebes

Gemäss Gesetz und Kreisschreiben Nr. 5a der ESTV ist die Übertragung von Geschäftsvermögen auf eine juristische Person steuerneutral möglich, soweit:

  • die Steuerpflicht in der Schweiz fortbesteht;
  • die bisher für die Einkommenssteuer massgeblichen Werte übernommen werden;
  • das übertragene Geschäftsvermögen einen Betrieb darstellt;
  • während den der Umwandlung nachfolgenden fünf Jahren die Beteiligungsrechte an der übernehmenden Gesellschaft nicht veräussert werden.

Vorliegend gehen wir davon aus, dass alle Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung erfüllt sind. Durch die übernehmende Schlosserei AG wird die Steuerpflicht in der Schweiz fortbestehen. Auch werden die Buchwerte der Einzelunternehmung, welche vorliegend den Einkommenssteuerwerten entsprechen, von der AG übernommen. Das übertragene Vermögen stellt einen Betrieb[1] dar. Dies insbesondere, weil die Einzelunternehmung heute und auch die AG in Zukunft Leistungen am Markt erbringt und Personal beschäftigt. Sofern Herr Huber die Aktien an der Schlosserei innerhalb der nächsten fünf Jahren nicht zu einem Preis über dem Nominalwert der AG von vorliegend insgesamt CHF 100'000 veräussern wird, kann die Übertragung des Geschäftsvermögens von der Einzelunternehmung auf die Schlosserei AG ohne Steuerfolgen (Einkommenssteuern Herr Huber und Gewinnsteuern Schlosserei AG) geschehen.

[1] Vgl. zum Betriebserfordernis auch Artikel Pfaff/Bhicknapahari vom 2. Juni 2025 

Steuerneutralität wird auch von den Grundsteuern übernommen

Sofern für die Einkommens- und Gewinnsteuern die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung des Geschäftsvermögens auf die AG erfüllt sind, wird diese Qualifikation auch von den Grundsteuern (Handänderungssteuer und Grundstückgewinnsteuer in monistischen Kantonen) übernommen. Entsprechend kann vorliegend die Schlosserei-Liegenschaft ohne Handänderungs- und Grundstückgewinnsteuerfolgen übertragen werden.

Rückwirkende Übertragung

Eine rückwirkende Übertragung durch Umwandlung wird steuerlich anerkannt, wenn die Anmeldung zusammen mit den Gründungsakten innerhalb von sechs Monaten nach Stichtag der Übernahmebilanz beim Handelsregister eingetroffen ist. Sofern die Umwandlung auf Basis des Jahresabschlusses per 31. Dezember 2025 erfolgen soll, ist die Anmeldung der Schlosserei AG beim zuständigen Handelsregister bis am 30. Juni 2026 einzureichen.

Wird die rückwirkende Übertragung akzeptiert, dann beginnt die Steuerpflicht für die Steuerperiode und die Bemessungsperiode der Schlosserei AG per Übernahmestichtag (vorliegend per 1. Januar 2026). In der Steuerperiode 2025 ist damit letztmals ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu deklarieren. Auch die zuständige Ausgleichskasse akzeptiert die rückwirkende Umwandlung, sofern diese steuerlich akzeptiert wird. Herr Huber muss bis am 31. Dezember 2025 Beiträge als selbständig Erwerbender abrechnen. Ab dem 1. Januar 2026 gilt Herr Huber aus Sicht der AHV als Unselbständigerwerbender und ist mit seinem Lohn über die Schlosserei AG beitragspflichtig.

Späterer Verkauf Aktien Schlosserei AG

Nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann Herr Huber die Aktien der Schlosserei AG an einen Dritten veräussern und realisiert dadurch bei richtiger Vorgehensweise in der Regel einen steuerfreien Kapitalgewinn. In diesem Fall konnten die stillen Reserven steuerneutral von der Einzelunternehmung auf die Schlosserei AG übertragen werden. Auch beim späteren Verkauf der Aktien - nach dieser Fünfjahresfrist - können die stillen Reserven ohne Steuerfolgen veräussert werden. Daneben können die übertragenen stillen Reserven, welche später über den Verkauf der Aktien durch Herrn Huber realisiert werden, auch ohne Sozialversicherungsfolgen (AHV) realisiert werden.

Fazit: Eine frühzeitige Planung und Umwandlung/Übertragung des Betriebes in eine Kapitalgesellschaft lohnen sich in vielerlei Hinsicht. Nach Ablauf der Fünfjahresfrist können direkte Steuerfolgen auf den übertragenen stillen Reserven bei richtiger Vorgehensweise vermieden werden. Zudem unterliegen die im Verkaufszeitpunkt vorhandenen stillen Reserven nicht mehr den Sozialversicherungen (AHV). Es empfiehlt sich sowohl bei der Betriebsübertragung als auch beim späteren Verkauf der Aktien Fachpersonen beizuziehen.

 

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