Das Steuerrecht bestimmt über die Steuerpflicht, wenn der statutarische Sitz und die tatsächliche Verwaltung in verschiedenen Kantonen angesiedelt sind. Es können sich steuerliche Probleme ergeben, die sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene relevant sind.
1. Schweiz
Das Steuerharmonisierungsgesetz (StHG) regelt, dass eine Kapitalgesellschaft im Kanton des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung steuerpflichtig ist. Das StHG sagt nicht, wie vorzugehen ist, wenn der statutarische Sitz und der Ort der tatsächlichen Verwaltung in verschiedenen Kantonen sind.
Nach der Rechtsprechung und Praxis ist grundsätzlich dem Sitzkanton die unbeschränkte Steuerpflicht zuzuweisen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der statutarische Sitz nur künstlich geschaffen wurde, d.h., wenn im Sitzkanton keine angemessene Infrastruktur vorhanden ist, sondern nur ein sogenanntes Briefkastendomizil. In diesem Fall ist die unbeschränkte Steuerpflicht nicht im Sitzkanton, sondern im Kanton der tatsächlichen Verwaltung.
Auch wenn Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung die interkantonale Doppelbesteuerung untersagt, lässt das Bundesgericht beim Einsatz von Briefkastenfirmen die Doppelbesteuerung zu. Wenn sich ein Unternehmen im «Briefkasten-Kanton» vorbehaltlos auf die Veranlagung und Besteuerung einlässt, so ist nach der Ansicht des Bundesgerichts in diesem Kanton keine Revision bzw. Aufhebung der definitiven Veranlagungsverfügung und Besteuerung mehr möglich, wenn der Kanton der tatsächlichen Verwaltung seinen Steueranspruch später durchsetzt.
2. International
Die meisten, von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen kennen eine Regelung für die Zuweisung der Ansässigkeit, wenn der Sitz und die tatsächliche Verwaltung in unterschiedlichen Ländern sind. In einer solchen Konstellation wird die steuerliche Ansässigkeit dem Staat zugewiesen, in welchen sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung befindet.
Selbst wenn die Doppelbesteuerungsabkommen eine Zuweisungsregelung für den Fall, dass der Sitz und die tatsächliche Verwaltung in unterschiedlichen Ländern sind, kennen, kann es zu Doppelbesteuerungen und steuerlichen Mehrbelastungen kommen. So ist denkbar, dass die involvierten Länder keine Verständigung über die Ansässigkeit finden und kein Schiedsgericht angerufen werden kann.
Weiter sind mögliche Steuerfolgen in der Schweiz nicht zu unterschätzen. Im Verhältnis zu Deutschland räumt das Doppelbesteuerungsabkommen in Art. 4 Abs. 10 dem Sitzstaat die Kompetenz ein, die Quellensteuerregelungen auf Dividenden durchzusetzen, selbst wenn der Ort der tatsächlichen Verwaltung im anderen Staat ist. Mit der Verlegung der tatsächlichen Verwaltung von der Schweiz ins Ausland kann zudem ein Ende der Steuerpflicht in der Schweiz einhergehen, womit über Reserven steuerlich abzurechnen.
3. Fazit
Die Briefkastenfirmen sind zunehmend auf dem Radar von Steuerbehörden. Zudem kann deren Einsatz zu Doppelbesteuerungen und steuerlichen Mehrbelastungen führen. Die Ära der Briefkastenfirmen neigt sich spürbar dem Ende zu, zumal unwahre Angaben gegenüber den Handelsregisterämtern über den effektiven Sitz der Gesellschaft auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.