massgebender Lohn

Massgebender Lohn: Naturallohn

Ein praxisnahes Beispiel aus der Kinderbetreuungsbranche zeigt, wie eine Gesellschaft nach einer Arbeitgeberkontrolle erfolgreich zusätzliche Lohnbeiträge für nicht erfasste Mitarbeiter-Mittagessen einforderte und vor dem Bundesgericht obsiegte.

Allgemeines

Als massgebender Lohn (Entgelt) gilt nach Art. 5 Abs. 2 AHVG jedes Entgelt für in unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit.

Das Entgelt besteht in Geld- oder Naturalleistungen, eventuell in einer Forderung der unselbstständig erwerbstätigen Person.

Regelmässige Naturalleistungen gehören zum massgebenden Lohn. Die AHVV unterscheidet zwischen Verpflegung und Unterkunft (Art. 11 AHVV) und anders geartetem Naturaleinkommen (Art. 13 AHVV).

Verpflegung und Unterkunft der Arbeitnehmenden im Betrieb und im Hausdienst werden mit mindestens CHF 33.00 pro Tag bewertet (Art. 11 Abs. 1 AHVV). Bei monatsweiser Berechnung sind ganze Monate zu 30 Tagen zu zählen.

Gewähren die Arbeitgebenden nicht volle Verpflegung und Unterkunft, so ist der Gesamtansatz wie folgt aufzuteilen (Art. 11 Abs. 2 AHVV):

Frühstück                     CHF 3.50
Mittagessen                 CHF 10.00
Abendessen                 CHF 8.00
Unterkunft                    CHF 11.50

Exkurs Zuwendungen anlässlich besonderer Ereignisse (Art. 8 Bst. c AHVV):

Naturalgeschenke, wie sie anlässlich besonderer Ereignisse – so zu Weihnachten oder Neujahr – üblicherweise gewährt oder als einmalige Auszeichnung für herausragende Leistungen oder besondere Einsätze ausgerichtet werden, sofern deren Gesamtwert CHF 500.00 im Jahr nicht übersteigt, stellen keinen beitragspflichtigen Lohn dar. Massgebend sind dafür die Gestehungskosten der Arbeitgebenden.

Gold- und Silbergeschenke (einschliesslich Münzen und Barren) gelten als Naturalgeschenke.

Bargeschenke gelten als Gratifikationen und gehören zum massgebenden Lohn.

Fallbeispiel aus der Praxis

Eine Gesellschaft (jur. Person) betreibt Kinderkrippen, Kinderhorte, Kindergärten und Tagesschulen. Anlässlich einer Arbeitgeberkontrolle durch die zuständige Ausgleichskasse forderte sie von Gesellschaft – mit Verfügung – zusätzliche Lohnbeiträge für Mittagessen (Naturallohn) der Mitarbeitenden nach, die lohnbuchhalterisch nicht erfasst wurden.

Der Betrieb erhob auf die Verfügung Einsprache. Der Fall wurde bis vor Bundesgericht weitergezogen. Der Anwalt der Gesellschaft machte offensichtlich eine gute Arbeit. Die Einsprache wurde vom Bundesgericht gutgeheissen.

Zusammenfassend beurteilte das Gericht den Fall wie folgt:

Die Aufrechnung der Pauschale von AHVV 11 II für ein Mittagessen als Naturaleinkommen rechtfertigt sich nur dann, wenn vom Arbeitgeber tatsächlich auch ein vollwertiges Mittagessen abgegeben wird. Ist dies nicht der Fall, ist gemäss AHVV 13 der Wert der anders gearteten Naturalleistung zu schätzen.

Im oben aufgeführten Fall wird in der Kindertagesstätte um die Mittagszeit ein kindgerechtes Menü zubereitet. Die Angestellten essen aus pädagogischen Gründen (Vorbildfunktion) einige Bissen mit, weshalb dies zur Arbeitszeit zählt. Die Portionen sind aber nicht so berechnet, dass die Erwachsenen satt werden; es ist vielmehr üblich, dass diese während ihrer anschliessenden Mittagspause von ihnen selbst organisierte und finanzierte Speisen einnehmen.

Das Vollständige Urteil kann unter www.entscheidsuche.ch nachgelesen werden: 9C_293/2023

Empfehlung:

Damit eine maximale Rechtsicherheit erlangt werden kann, empfehlen wir ein genehmigtes Spesenreglement bei der kt. Steuerverwaltung zu erwirken. Gestützt auf das Urteil müssten solche «Entschädigungen» (Naturallöhne) darin enthalten sein, die explizit keinen Lohnbestandteil darstellen.

In der Rz 3012 WML wird folgendes erwähnt:
«Haben die Steuerbehörden ein Spesenreglement genehmigt, sollen die Ausgleichskassen diesen Entscheid übernehmen, sofern dies im Rahmen des AHV-Rechts zulässig ist oder die genehmigten Spesen nicht offensichtlich übersetzt sind.»

In der Praxis kenne ich lediglich einen Fall, wo die Ausgleiskasse dem genehmigten Spesenreglement nicht gefolgt ist.

Aus diesem Grund würde ich das genehmigte Spesenreglement – in Form eines Rulings – der zuständigen Ausgleichskasse zur Verfügung stellen.

 

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