1. Ausgangslage
Im geltenden Schweizer Erbrecht gibt es keine speziellen Bestimmungen für die Vererbung von Unternehmen und Unternehmensteilen. Das geltende Erbrecht stellt bei der Wertermittlung auf den Todestag ab. Wenn nun ein Unternehmen ganz oder teilweise bereits zu Lebzeiten der Erblasserin oder des Erblassers übertragen wurde (z. B. durch Übertragung der Aktienanteile oder bei anderen Formen der Vermögensübertragung) und im Rahmen der erbrechtlichen Auseinandersetzung eine Bewertung der Eigentumsrechte stattfinden muss, so kann sich der Wert der übertragenen Unternehmung vom Zeitpunkt der Übertragung bis zum Zeitpunkt des Todes verändert haben. Nach geltendem Recht ist im Grundsatz sowohl die positive als auch die negative Wertveränderung der gesamten Erbteile von der Erbengemeinschaft zu tragen. Die bundesrätliche Botschaft vom 10.6.2022¹ schafft neue Regeln zum Anrechnungswert des Unternehmens und vor allem zum Zeitpunkt, der für dessen Ermittlung ausschlaggebend ist. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht von hohem Interesse ist der Vorschlag, dass die neuen Regeln unterscheiden sollen zwischen Aktiven, die sich zwar im Besitz des Unternehmens befinden, aber je nach Tätigkeitsbereich für dessen Betrieb nicht notwendig sind und den betrieblich notwendigen Positionen. Bei den nicht betriebsnotwendigen Positionen steht der Wertgewinn/-verlust zwischen Zuwendungszeitpunkt und Todeszeitpunkt allen Erbberechtigten zu, während Wertänderungen der betriebsnotwendigen Positionen ab dem Zeitpunkt der Beherrschung dem Inhaber der Kontrollrechte zugeschrieben werden.
2. Problematik aus Sicht der Rechnungslegung
3. Fazit zur Unternehmensbewertung
Um in solchen Situationen eine plausible und einfache Grundlage für den Wertausgleich zu schaffen, ist bei der Bewertung darauf zu achten, betriebliche und nicht betriebliche Positionen gesondert zu bewerten. Wertveränderungen nicht betrieblicher Positionen, die vom Zeitpunkt des Erbvorbezugs bis zum Tod des Erblassers berechnet werden, führen, so die Botschaft des Bundesrates, zu einem Wertausgleich bei der Bemessung des Pflichtteils. Es ist deshalb nicht abwegig zu vermuten, dass bei seitens vorbeziehender Person eine Tendenz besteht, alle Substanz als betrieblich zu qualifizieren. Die bekannte Substanzwertmethode vermag eine solche Trennung auf einfache Art und Weise zu gewährleisten, ist allerdings traditionell vergangenheitsorientiert und berücksichtigt die Zukunft nur ansatzweise, indem die Werthaltigkeit der Aktiven von ihrer zukünftigen Nutzung abhängen dürfte. Anders ist dies bei Verwendung der Ertragswertmethode, wobei dort die Aufteilung der Erfolgsrechnung zu einem erhöhten Rechenaufwand (und damit Potential für Auseinandersetzungen) führen kann.
¹ Vgl. Schweizer Bundesrat (2022): Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Unternehmensnachfolge) vom 10. Juni 2022, SR 22.049. Der aktuelle Stand der parlamentarischen Beratungen ist unter https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20220049 abrufbar (Abrufdatum 5.10.2023).