Im Absatz 4 Art. 331 OR ist festgehalten, dass Arbeitgebende ihre Arbeitnehmenden über die ihnen gegen eine Vorsorgeeinrichtung oder einen Versicherungsträger zustehenden Forderungsrechte den erforderlichen Aufschluss zu erteilen haben. Arbeitnehmende müssen insbesondere während der Kündigungsfrist über ihre Versicherungsdeckung für die Zeit nach dem Austritt informiert werden – unabhängig davon, ob der oder die Arbeitnehmer/-in oder der oder die Arbeitgeber/-in gekündigt hat. Kann die Informationspflicht nicht nachgewiesen werden, drohen den Arbeitgebenden je nachdem hohe Schadenersatzzahlungen.
Am 1. Januar 2021 trat mit Einführung des Art. 47a BVG zudem eine neue Regelung zur Weiterversicherung in der beruflichen Vorsorge in Kraft. Pensionskassen werden damit verpflichtet, Arbeitnehmende auf deren Wunsch weiter zu versichern, wenn ihr Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 58. Altersjahres arbeitgeberseitig gekündigt wird (Art. 47a Abs. 1 BVG). Zu beachten ist, dass nach Auffassung des BSV «ein Arbeitsverhältnis auch dann als vom Arbeitgeber aufgelöst betrachtet werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Aufhebungsvereinbarung schliessen, um die Vertragsauflösung (z.B. Abfindung, Freistellung, längere Kündigungsfrist) näher zu regeln, sich aber nachweisen lässt, dass die Initiative zur Beendigung des Vertrages vom Arbeitgeber ausging. Es obliegt dem Arbeitnehmenden, diesen Nachweis im Zweifelsfall zu erbringen“ (BSV Mitteilungen Nr. 153: S. 18).
Arbeitnehmende, die kurz vor dem Rentenalter ihren Job verlieren, traten in der Regel aus der Pensionskasse aus und erlitten dadurch meist erhebliche Einbussen beim Vorsorgeschutz. Insbesondere wurde je nachdem ein Rentenbezug aus der Pensionskasse verunmöglicht. Damit blieb einem je nachdem nur der Übertrag seines Vorsorgeguthabens auf ein Freizügigkeitskonto als Ausweg und somit meist nur die Möglichkeit für einen Kapitalbezug, mal ganz abgesehen vom Wegfallen des übrigen Versicherungsschutzes gegen Tod und Invalidität. Im Falle von Arbeitslosigkeit und einer damit automatisch verbundenen Risiko-Versicherung über die Auffangeinrichtung kann diese Situation anders sein. Mit Einführung des Art. 47a BVG verbessert sich die Ausgangslage für solche Versicherten nochmal. Pensionskassen sind neu, wie erwähnt, dazu verpflichtet, allen Versicherten ab Alter 58 (BVG-Reglement beachten, Art. 47a BVG Abs. 7) eine Weiterversicherung im Sparprozess sowie für die Risikoleistungen zu ermöglichen. Eine Weiterversicherung ist übrigens auch ohne Sparprozess möglich. Wird allerdings der Sparprozess auf eigene Kosten weitergeführt, können auch weiterhin freiwillige BVG-Einkäufe getätigt werden. Diese Regelung nach Art. 47a BVG gilt für das BVG-Obligatorium sowie für sog. umhüllende Pensionskassen. Nicht anwendbar ist dieser neue Gesetzesartikel für die separate überobligatorische Vorsorge wie beispielsweise 1e-Pläne (Art. 1e BVV2). Ebenso nicht anwendbar ist Art. 47a BVG für Personen, welche nach Austritt aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr länger in der Schweiz der AHV-Beitragspflicht unterstellt sind, was beispielsweise bei Grenzgänger/-innen der Fall sein kann.
Zurück zur Informationspflicht für Arbeitgebende, ergänzt um die neuen Pflichten rund um den Art. 47a BVG.
In Bezug auf die Informationspflichten gab es am 3. Juni 2010 einen wichtigen Bundesgerichtsentscheid (BGE 4A_186/2010), welcher bestätigte, dass die Informationspflicht der Arbeitgebenden bei Austritt nebst Pensionskasse (BVG) auch für die Unfall- (UVG) und Krankentaggeldversicherung (KTG) gilt. In der Praxis taucht in diesem Zusammenhang auch immer wieder die Frage auf, ob die Informationspflicht auch für die AHV-Situation anzuwenden sei. Dem ist nicht so. Der Unterschied liegt hier darin, dass die Versicherungen für BVG, UVG und KTG von einem Reglement bzw. einer Police abhängig sind. Diese kann so oder anders ausgestaltet sein. Bei der AHV hingegen sind die Vorschriften klar und für alle gleich. Ein Hinweis im Rahmen der Informationspflichten bezüglich einer AHV-Nichterwerbstätigenbeitragspflicht ist nicht vorgesehen. Wer dies aber trotzdem macht, erbringt gegenüber seinen austretenden Arbeitnehmenden sicherlich einen guten und hoffentlich geschätzten Zusatznutzen. Damit können diese allfällige AHV-Beitrags- und Versicherungslücken oder spätere Nachzahlungen mit hohen Verzugszinsen vermeiden.
Arbeitnehmende sind während einem Monat nach Austritt in der bisherigen Pensionskasse gegen die Risiken Tod und Invalidität weiter versichert. Sofern Arbeitnehmende noch keine neue Stelle haben oder noch nicht beim Arbeitslosenamt gemeldet sind, sind diese entweder auf die verschiedenen freiwilligen Weiterversicherungsmöglichkeiten für Einzelpersonen bei der Stiftung Auffangeinrichtung oder neu auf die Möglichkeiten rund um Art. 47a BVG hinzuweisen. Diesbezüglich sind die verschiedenen Fristen rund um die Geltendmachung der Weiterführungsmöglichkeiten zu beachten.
Haben übrigens Arbeitgebende respektive deren Pensionskasse keine Informationen, wohin ein allfälliges Freizügigkeitsguthaben bei Austritt zu überweisen ist, kann resp. muss die Pensionskasse die Freizügigkeitsleistung frühestens 6 Monate jedoch spätestens zwei Jahre nach dem Austritt des Arbeitnehmenden an die Stiftung Auffangeinrichtung überweisen (Art. 4 Abs. 2 FZG).
Arbeitnehmende sind während 31 Tagen nach Austritt - nachdem der Anspruch auf mindestens 50 Prozent ihres Lohnes erlischt - beim bisherigen Unfallversicherer gegen Unfall versichert, sofern diese mehr als 8 Stunden pro Woche angestellt und beim Arbeitgeber somit gegen die Folgen eines Nichtberufsunfalls versichert waren. Treten Arbeitnehmende erst später eine neue Stelle an oder melden sich diese nicht innert 31 Tagen beim Arbeitsamt, kann für Nichtberufsunfälle beim bisherigen Unfallversicherer eine Abredeversicherung für maximal 6 Monate abgeschlossen werden. Die dazu fällige Prämie muss vor Ablauf der Nachdeckungsfrist bezahlt werden. Arbeitnehmende, welche nicht von einer Abredeversicherung profitieren möchten, sind darauf hinzuweisen, dass die Unfalldeckung bei ihrer privaten Krankenkasse wieder eingeschlossen werden muss. Die Verordnung zum Unfallversicherungsgesetz hält übrigens in Art. 72 Abs. 2 UVV die entsprechenden Informationspflichten des Arbeitgebers fest. Die Informationen bei Austritt sollten sich sinnvollerweise auch auf allfällige Unfall-Zusatzversicherungen erstrecken.
Wer eine Abredeversicherung abschliesst, ist in der Folge für alle Leistungen gemäss Unfallversicherungsgesetz (UVG), wie beispielsweise Taggeld und Hinterlassenenrenten, versichert. Das heisst konkret, dass eine Person mit Abredeversicherung ab dem dritten Tag 80 Prozent des bisherigen Gehalts ausbezahlt erhält, und zwar so lange, wie diese aufgrund der Verletzungen vom Arzt als arbeitsunfähig taxiert wird. Die Abredeversicherung empfiehlt sich nicht nur für austretende Arbeitnehmende ohne genauen Zukunftspläne oder einer längeren Lücke bis zum Antritt einer neuen Stelle. Diese lohnt sich auch bei einem unbezahlten Urlaub (Sabbatical) oder für ausgesteuerte Arbeitslose.
Die Grundversicherung (KVG) der Krankenkasse – als vermeintlich günstigere Alternative zur Abredeversicherung – übernimmt «nur» die Behandlungskosten. Zudem sind bei der Krankenkasse die Franchise und der Selbstbehalt auch als Kosten zu berücksichtigen.
Wichtig ist in allen Fällen, dass ein allfälliger Leistungsanspruch durch entsprechende Meldung an den Versicherer unverzüglich erfolgen muss. Dies gilt aber bekanntlich in Versicherungsangelegenheiten nicht nur für Unfälle, sondern auch bei Krankheit, Todesfall bis hin zum Parkschaden am Auto.
Haben Arbeitgebende für ihre Arbeitnehmenden eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung abgeschlossen, besteht bei Austritt je nach Situation ein befristetes Übertrittsrecht in die Einzel-Krankentaggeldversicherung. Diesbezüglich sind die Bestimmungen der Versicherungspolice massgebend, welche den Arbeitnehmenden bekanntgegeben werden müssen.
Gerade bei einem Stellenwechsel ist besonders darauf zu achten, wie die arbeitsvertraglichen Bestimmungen in Bezug auf die Lohnfortzahlung bei Krankheit beim neuen Arbeitgeber geregelt sind. Wird diesbezüglich «nur» auf die gesetzliche Lohnfortzahlung verwiesen und besteht seitens des neuen Arbeitgebers keine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, lohnt es sich möglicherweise sehr, eine Weiterführung der Versicherung durch Übertritt in die Einzel-Taggeldversicherung einzugehen. Die je nachdem kurze gesetzliche Lohnfortzahlungsdauer gemäss Art. 324a OR führt bei fehlender Krankentaggeldversicherung ansonsten schnell dazu, den Gang zum Sozialamt antreten zu müssen.
Arbeitgebende sind gut beraten, den gesetzlichen Informationspflichten ihren Arbeitnehmenden gegenüber schriftlich dokumentiert und gegenseitig unterzeichnet nachzukommen. Ein entsprechendes Informationsschreiben beispielsweise bei Austritt oder unbezahltem Urlaub sollte heute unbedingt «Standard» sein. Das Schadenpotential ist je nachdem enorm. Alleine bei fehlender Information auf ein mögliches Übertrittsrecht in eine Einzel-Taggeldversicherung kann im schlimmsten Falle eine existenzbedrohende Forderung von 80 % zweier Jahreslöhne mit sich bringen. Wie sich das Schadenausmass gestalten könnte, sollte auf die neue Bestimmung in Art. 47a BVG bei Kündigung durch Arbeitgebende nicht hingewiesen werden, kann nicht abgeschätzt werden. Hier bleiben allfällige Gerichtsentscheide abzuwarten. Je nachdem könnte aber auch hier ein enormes Schadenpotenzial bestehen. Nebst «keine Buchung ohne Beleg» gilt heute auch «kein Austritt ohne gegenseitig unterzeichnetes Austrittsschreiben».