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Neue Grundsystematik bei der Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode

Geschrieben von Roger Zbinden | 01/07/2025 6:47

Die Anwendung der Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode bei der Mehrwertsteuerabrechnung verschafft KMU-Betrieben eine deutliche Entlastung in der Buchführung.

Aber ACHTUNG! Steuerliche Risiken werden oftmals selbst bei der Saldo- oder Pauschalsteuersatzmethode unterschätzt. Die Herausforderungen lassen sich treffend mit dem Sprichwort «Im Detail liegt der Hund begraben» umschreiben. Ein Risiko entsteht unter anderem, wenn fehlerhafte oder ungenaue Angaben zu den Tätigkeiten im Antrag zur Saldo- oder Pauschalsteuersatzmethode gemacht werden, was zu einer falschen Zuteilung der Abrechnungssätze führen kann.

Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der Erbringung mehrerer Tätigkeiten am Markt, bei denen die erzielten Umsätze nicht klar buchhalterisch getrennt werden. In der Praxis wird zudem regelmässig die Abrechnung der Bezugsteuer übersehen, was oftmals zu höheren Nachforderungen seitens der Steuerverwaltung führen kann.

In diesem Blog versuchen wir Ihnen die Risiken nicht nur aus steuerrechtlicher Sicht aufzuzeigen, sondern auch, welche buchhalterischen Massnahmen zu ergreifen sind, um allfällige steuerliche Risiken zu minimieren.


Geschichtliches zur Saldosteuersatzmethode

Bevor wir uns den aktuellen Anpassungen widmen, ein kurzer Blick auf die historische Entwicklung der Saldosteuersatzmethode. Mit der Einführung der Mehrwertsteuer am 01.01.1995 war es bereits möglich, bis zu einem Umsatz von CHF 500'000 die «vereinfachte Steuerabrechnung» zu wählen.

Schon damals sollte diese Methode die quartalsweise Abrechnungspflicht erleichtern, da die Berechnung der anrechenbaren Vorsteuer entfiel. Die von der Eidg. Steuerverwaltung herausgegebene Broschüre (die Broschüre kostete übrigens CHF 1.--) hatte gesamthaft 16 Seiten und bereits ab Seite 6 wurden die anwendbaren Saldosteuersätze der jeweiligen Branchen aufgeführt. Grundsätze wie die Abrechnungspflicht der Bezugsteuer (ausschliesslich für Dienstleistungen) und die fehlende Möglichkeit, von der Steuer ausgenommene Umsätze zu optieren, waren schon damals publizierte Praxis der Steuerverwaltung.

In den darauffolgenden Jahren wurde der Anwenderkreis durch wiederholte Erhöhungen der Umsatz- und Steuerlimiten stetig erweitert. Mit dem aktuell gültigen MWSTG dürfen Unternehmen, die weniger als CHF 5'024'000 steuerbaren Umsatz erzielen und die Steuerlimite von CHF 108'000 nicht überschreiten, mit der Saldosteuersatzmethode abrechnen. Bei der Pauschalsteuersatzmethode gibt es diese Limiten nicht, da es nur einem eingeschränkten Anwendungskreis vorenthalten ist.

Anpassungen in der Systematik der Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode per 01.01.2025

Durch die Erhöhung der Limiten und den Wegfall früherer Korrekturmechanismen unter dem alten MWSTG (bis 31.12.2009) wurde die Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode zunehmend für Steueroptimierungen genutzt, die grundsätzlich legal waren. Dies hat die Steuerverwaltung erkannt und sah sich gezwungen, Gegensteuer zu geben, um den Sinn und Zweck der Saldo- und Pauschalsteuersatzmethode wiederherzustellen. Um den möglichen Anwenderkreis nicht durch eine Senkung der Umsatz- oder Steuerlimite einzuschränken, wurde beschlossen, wertvermehrende Investitionen mit einem Rest-Zeitwert aus Sicht der MWST beim Wechsel der Abrechnungsmethode steuerlich zu korrigieren. Die Berechnungsgrundlagen des «Zeitwerts» basieren auf den Artikeln 31 und 32 MWSTG (Eigenverbrauch, Einlageentsteuerung). Zeitgleich wurden weitere Optimierungsmöglichkeiten und Vereinfachungen wie der zusätzliche Vorsteuerabzug beim Export, der Abzug fiktiver Vorsteuern oder die Mischbranchen aufgehoben.

Separate Verbuchung der verschiedenen Tätigkeiten

Für jede Tätigkeit, die ein Unternehmen am Markt erbringt und deren Anteil am steuerbaren Gesamtumsatz mehr als 10 % beträgt, muss ein separater Abrechnungssatz beantragt werden. Tätigkeiten, die mit demselben Abrechnungssatz abgerechnet werden, müssen für die Beurteilung der 10%-Limite zusammengerechnet werden.

Dies bedingt jedoch, dass für jede Tätigkeit in der Buchhaltung ein separates Ertragskonto eröffnet wird. Somit kann geprüft werden kann, wie hoch der prozentuale Umsatzanteil am Gesamtumsatz der jeweiligen Tätigkeiten ist. Das Erfordernis der separaten Erfassung ist im MWSTG (Art. 84 Abs. 3) explizit geregelt, damit sichergestellt ist, dass allfällige Grenzfälle frühzeitig erkannt werden. Damit aber eine kleinere oder zeitlich begrenzte Über- oder Unterschreitung dieser 10 %-Limite nicht jedes Mal zu Änderungen bei den bewilligen Abrechnungssätzen führt, muss die Über- oder Unterschreitung 3 Jahre hintereinander erfolgen, damit eine Änderung der Abrechnungssätze vorgenommen werden muss. In der Praxis sind KMU-Betriebe, die viele verschiedenartige Tätigkeiten am Mark anbieten, mit der Anwendung der Saldosteuersatzmethode nicht immer gut beraten. Werden diverse Tätigkeiten zu einem Gesamtpreis verrechnet, muss nachgewiesen werden, wie hoch die Anteile der jeweiligen Tätigkeiten sind. Kann dies nicht erbracht werden, dann ist alles zum höchsten bewilligten Saldosteuersatz abzurechnen.

Bezugsteuer bei der vereinfachten Abrechnungsmethode

Bezieht ein mit der Saldo- oder Pauschalsteuersatzmethode abrechnender KMU-Betrieb Leistungen von ausländischen Unternehmen, kann dies in vielen Fällen die Bezugsteuer auslösen. Beim Erhalt der Kreditorenrechnung (oder bei der Bezahlung) muss geprüft werden, ob die bezogene Leistung der Bezugsteuer unterliegt (Im Grunde rechnet man für das ausländische Unternehmen die Mehrwertsteuer ab). Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass, sofern auf der Rechnung die MWST ausgewiesen ist, die Bezugsteuer nicht abgerechnet werden muss. Wird auf der Rechnung kein Hinweis auf die CH-MWST gemacht, ist zu prüfen ob die bezogenen Leistungen der Bezugsteuer unterliegen. Diese sind separat im Abrechnungsformular zu erfassen und mit dem Normalsatz (!) zusätzlich abzurechnen ist. Neben den klassischen Beratungsleistungen (insb. auch Programmierungsleistungen) unterliegen auch Werbeleistungen und elektronische Dienstleistungen der Bezugsteuer. Auch Lieferungen von unbeweglichen Gegenständen (ausgeführte Arbeiten an Liegenschaften ohne Einfuhr von Material) können u. U. die Bezugsteuer auslösen. Seit dem 01.01.2025 unterliegt neu auch der Handel mit Emissionsrechten und dergleichen (Art. 45 Abs. 1 Bst. c MWSTG) der Bezugsteuer, auch wenn beide Parteien Inländer sind.

Fazit: Mit der Neuregelung per 01.01.2025 steigen auch die Anforderungen an die Buchhaltung wieder. Die ursprünglich angedachte Vereinfachung mit der Anwendung der Saldo- oder Pauschalsteuersatzmethode führt doch zu einigen steuerlichen Risiken, die nicht zu vernachlässigen sind. Weitere Informationen zu den Änderungen und vieles mehr erfahren Sie am Tageseminar zur MWST am 17. September 2025 im Hotel Marriott in Zürich.