SwissAccounting Blog

Kündigung in Konfliktsituationen – Vorsicht vor missbräuchlicher Kündigung

Geschrieben von Simon Meyer | 04/12/2025 8:48

Konflikte am Arbeitsplatz sind belastend – doch eine vorschnelle Kündigung kann rechtlich heikel werden. Wer ohne vorherige Massnahmen eine Konfliktpartei entlässt, riskiert den Vorwurf der missbräuchlichen Kündigung. Dieser Beitrag zeigt, welche Pflichten Arbeitgebende haben und welche präventiven wie auch reaktiven Schritte wirklich zählen.

Nach reiflicher Überlegung entlässt der Geschäftsführer den Arbeitnehmer A., da das Arbeitsklima aufgrund eines Konflikts zwischen A. und einem Teamkollegen zunehmend belastet ist. Bereits im vergangenen Monat hatte eine Person, die nicht in den Konflikt involviert war, von sich aus die Kündigung eingereicht, da sie das Betriebsklima als bedrückend empfand. Deshalb kam der Geschäftsführer zu dem Schluss, dass eine der beiden Konfliktparteien den Betrieb verlassen muss.

Ein solches Vorgehen des Geschäftsführers ist zwar verständlich, kann jedoch den Tatbestand einer missbräuchlichen Kündigung erfüllen. Aus diesem Grund raten wir zur Vorsicht.

Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 125 III 70) und verschiedener kantonaler Gerichte ist eine Kündigung missbräuchlich, wenn der Betrieb vor der Kündigung keine zumutbaren Massnahmen zur Behebung oder zumindest zur Entschärfung des Konflikts ergriffen hat. Dasselbe gilt für öffentlich-rechtliche Arbeitgebende. Abgeleitet wird diese Konfliktbehebungspflicht aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden nach Art. 328 OR.

Schon der Vorwurf einer missbräuchlichen Kündigung bindet Ressourcen und führt in der Regel zu finanziellen Aufwendungen in Form von Rechtsberatung, längeren Kündigungsfristen mit gleichzeitiger Freistellung usw. Daher lohnt es sich, dem mit präventiven und intervenierenden Massnahmen entgegenzuwirken.

Präventive Massnahmen bei Konflikten
  1. Personalreglement
    Idealerweise ist die konkrete Vorgehensweise und sind die Massnahmen bei Konflikten bereits im Personalreglement festgelegt. Damit werden die Arbeitnehmenden ermächtigt, bei Konflikten tätig zu werden, und der Betrieb kann nachweisen, dass er seine Fürsorgepflicht ernst nimmt. In der Regel sollten diese Abläufe über eine mehrstufige Kaskade verfügen. Mögliche Schritte sind beispielsweise eine Anhörung durch den Vorgesetzten, ein schlichtendes Gespräch oder ein mediatives Gespräch mit einer externen Fachperson.

  2. Regelmässige Sensibilisierung
    Das Thema "Konflikte und deren Behebung oder zumindest Abschwächung" sollte in regelmässigen Abständen (jährlich oder alle zwei Jahre) Inhalt einer protokollierten Teamsitzung oder eines Workshops sein.
    Idealerweise werden im Team gemeinsam Mechanismen zur Konfliktbehebung erarbeitet, festgelegt und protokolliert. Alternativ kann auch auf bestehende Strukturen hingewiesen werden.

  3. Schulung
    Die Schulung von Vorgesetzten in Bezug auf spannungsbasiertes Arbeiten und Konfliktbehebungskompetenzen unterstützt die Sensibilisierung und das proaktive Konfliktmanagement durch die Vorgesetzten.

  4. Anlaufstelle
    Die Implementierung einer internen oder externen Anlaufstelle kann für Betriebe mit mehr als 15 Mitarbeitenden interessant sein.
Reaktive Massnahme bei Konflikten
  1. Befolgung des betriebsinternen Prozesses
    Das Vorgehen erfolgt im Sinne des Personalreglements und/oder der festgelegten Massnahmen durch das Team (siehe oben). Für den juristischen Nachweis sind die entsprechenden Dokumente (Protokolle) stets von allen Beteiligten zu unterzeichnen.

  2. Einzelgespräche
    Konflikte werden von den Vorgesetzten in Einzelgesprächen mit den Konfliktparteien angesprochen. Dabei werden gegebenenfalls erste Angebote unterbreitet oder Weisungen erteilt. Die Gespräche werden protokolliert und den Beteiligten zum Unterzeichnen vorgelegt.

  3. Mediative Gespräche oder Mediation
    Es können einmalig mediative Gespräche mit den beteiligten Konfliktparteien durch den Vorgesetzten, die Personalverantwortlichen oder die interne Anlaufstelle für Konflikte durchgeführt werden. Je nach Sachverhalt kann sich auch eine umfassende Mediation mit einer externen Fachperson lohnen.

Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass sämtliche Massnahmen protokolliert werden müssen, um im Falle einer Rechtsstreitigkeit einen entsprechenden Nachweis erbringen zu können. Der Wert der präventiven Massnahmen ist nicht zu unterschätzen, weil einerseits die Wahrscheinlichkeit eines lang andauernden Konflikts reduziert wird und andererseits dem Gericht nachgewiesen werden kann, dass der Betrieb über eine Konfliktbehebungsstruktur verfügt und somit seiner Fürsorgepflicht nachgekommen ist.

Sexuelle Belästigung

An dieser Stelle ist explizit darauf hinzuweisen, dass die sexuelle Belästigung klar von gewöhnlichen Konflikten abzugrenzen ist.

Bei sexueller Belästigung hat der Arbeitgebende bereits bei Verdacht im Sinne des Gleichstellungsgesetzes und Art. 328 OR umgehend zu reagieren und das Opfer zu schützen. Daher muss der Schutz vor sexuelle Belästigung separat organisiert werden und kann nicht als gewöhnlichen Konflikt am Arbeitsplatz betrachtet werden.