Am 28. September 2025 stimmt die Schweiz über das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis (E-ID-Gesetz) ab. Das Gesetz sieht vor, dass der Bund eine staatliche, freiwillige und möglichst datensparsame elektronische Identität (E-ID) einführt. Im Folgenden ein Überblick darüber, worum es geht, welche Chancen bestehen – und auch welche offenen Fragen noch diskutiert werden.
Was soll die E-ID sein und wie funktioniert sie?
- Die E-ID soll ein digitaler Identitätsnachweis sein, den jede Person, die in der Schweiz lebt – auch Auslandschweizerinnen und -schweizer – beantragen kann.
- Sie ist freiwillig und kostenlos. Wer möchte, kann weiterhin klassische Ausweise wie Pass oder Identitätskarte nutzen.
- Die E-ID funktioniert via App („Wallet“): Man scannt den physischen Ausweis oder Pass, macht ein Selfie / Videoidentifikation und die Identitätsprüfung erfolgt. Die E-ID wird auf dem Smartphone gespeichert.
- Der Bund stellt die E-ID aus, und nicht private Anbieter, wie beim früheren (abgelehnten) Entwurf. Die Daten werden dezentral gespeichert, d. h. nicht zentral in einer grossen staatlichen Datenbank.
Was bringt die E-ID? Mögliche Vorteile
Die Einführung der E-ID könnte in vielerlei Hinsicht Erleichterungen bringen:
- Behördengänge und Kommunikation mit Behörden
- Man könnte amtliche Dokumente online beantragen oder einreichen (z. B. Strafregisterauszug, Wohnsitzbestätigung) ohne physisches Erscheinen oder Papierkram.
- Die digitale Identität könnte auch den Zugang zu Portalen erleichtern, zum Beispiel bei öffentlichen Dienstleistungen oder beim Behörden-Login AGOV.
- Bankgeschäfte und Verträge
- Bei der Eröffnung eines Bankkontos online könnte die Identifikation einfacher und schneller erfolgen, weil nicht mehr in vielen Fällen persönlich das Ausweisdokument vorgezeigt oder hochgeladen werden muss.
- Auch Verträge, die heute noch per Unterschrift oder per amtlicher Beglaubigung zustande kommen, könnten in Zukunft digital rechtsverbindlicher werden, wenn die E-ID und elektronische Signaturen entsprechend anerkannt sind. Zwar sind diese Aspekte noch nicht in allen Details geregelt, aber die E-ID schafft die technische und rechtliche Basis dafür. (Das Gesetz sieht „andere elektronische Nachweise“ vor.)
- Steuererklärung und weiterer digitaler Service
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- Für die Steuererklärung könnte die E-ID den Login zu den kantonalen Steuerportalen oder zum Behörden-Login erleichtern, so dass man Formulare ausfüllt, Nachweise hochlädt und Einreichungen digital sendet ohne postalischen Versand.
- Generell wird erwartet, dass digitale Services (öffentliche und private) durch die E-ID effizienter, benutzerfreundlicher und schneller werden. Weniger Papier, weniger „Schalter-Gang“, mehr Online-Interaktion.
- Datensparsamkeit und Datenschutz als Teil des Gesetzes
- Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass nur die für den jeweiligen Zweck notwendigen Daten abgefragt werden dürfen – z. B. bei Altersnachweis nicht das Geburtsdatum, sondern nur ob jemand über 18 ist.
- Die Zuständigkeit liegt beim Bund, und private Anbieter sollen nicht die Identität ausstellen. Damit wird einer Kritik an früheren Entwürfen begegnet.
Wo gibt es Bedenken, offene Fragen und Risiken?
Auch wenn viele Vorteile erkennbar sind, gibt es durchaus Kritikpunkte und Unsicherheiten:
- Datensicherheit und Missbrauch: Kritiker warnen, dass das System Ziel von Cyberangriffen werden könnte, insbesondere wenn private Anbieter beteiligt sind oder Daten über verschiedene Dienste hinweg verknüpft werden.
- Privatsphäre, Tracking und Überwachung: Es besteht die Befürchtung, dass mit einer digitalen Identität Daten über verschiedene Nutzungssituationen zusammengeführt und (möglicherweise kommerziell) analysiert werden könnten – etwa durch Unternehmen.
- Freiwilligkeit versus implizite Verpflichtung: Obwohl das Gesetz die E-ID als freiwillig vorsieht, befürchten Kritiker, dass in der Praxis viele Dienstleistungen (Banken, Behörden, private Anbieter) die E-ID nutzen wollen könnten, so dass Menschen ohne digitale Identität Nachteile haben.
- Interoperabilität und Kompatibilität: Damit die E-ID sinnvoll funktioniert, muss sie auch mit anderen Systemen kompatibel sein – etwa solchen in der EU. Das stellt technische und rechtliche Herausforderungen dar.
- Infrastruktur und Zugang: Nicht alle haben gleich guten Zugang zu Smartphones oder Internet-Verbindungen; ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen könnten benachteiligt sein, wenn digitale Lösungen Vorrang hätten oder analoger Zugang erschwert würde.
Fazit: Wo könnte die E-ID wirken – und wo bleibt Zurückhaltung geboten?
Insgesamt stellt die E-ID ein wichtiges Element der digitalen Transformation dar. Wird sie angenommen, könnte sie in vielen Bereichen das Leben erleichtern: Steuererklärungen, Interaktionen mit Behörden, Vertragsabschlüsse, sogar tägliche Identitätsnachweise könnten digital und effizient erfolgen. Überall dort, wo heute noch Papier, physische Vorlage oder persönliches Erscheinen nötig ist, könnten Prozesse vereinfacht werden.
Gleichzeitig sind Datenschutz, Sicherheit und der Erhalt analoger Alternativen entscheidend. Es wird darauf ankommen, wie das Gesetz umgesetzt wird – etwa wie sicher die technische Infrastruktur ist, wie stark private Anbieter eingebunden werden, und wie klar in der Praxis geregelt wird, dass niemand zur Nutzung der E-ID gezwungen ist oder benachteiligt wird.